Die Leistenhernie, oder auch Leistenbruch genannt, ist eine Lücke im Leistenkanal, die häufig bei Männern auftritt und neben einer Beule zu eher ziehenden Beschwerden im Leistenbereich führt. Eine Einklemmung von Fettgewebe oder Darm ist sehr selten.
ZUSAMMENGEFASST
Die Leistenhernie ist die häufigste Bruchform, die wir kennen und behandeln. Gehäuft tritt der Bruch bei Männern auf und dabei insbesondere im Jugendalter oder bei Männern über 50 Jahren.
Die Ursache ist sehr unterschiedlich und ist bei jungen Männern angeboren und bei älteren Menschen in der Regel eine Bindegewebsschwäche. Oft zeigt sich nur eine kleine bis große Beule, die schmerzlos ist und im Liegen sich wieder zurückbildet.
Beschwerden wie ein ziehendes Gefühl treten eher bei körperlicher Belastung oder beim Pressen wie z.B. beim Stuhlgang auf.
Ein Leistenbruch sollte in der Regel operiert werden, die Einklemmungsgefahr von Fettgewebe oder Darmanteilen im Laufe des Lebens beträgt jedoch nur 2,7%.
Für erfahrene Chirurg:innen reicht der Blick für eine Diagnose. Es zeigt sich im Stehen beim Pressen (Husten) eine Vorwölbung im Leistenbereich. Meistens bildet sich die Hernie im Liegen zurück.
Bei unklaren Befunden oder voroperierten Leisten kann eine Ultraschalluntersuchung (Sonographie) oder eine Kernspinntomographie (MRT) erfolgen. Dabei sollte die Untersuchung mit einem Pressen (Valsalva) der Patient:innen erfolgen.
Bei Patient:inen mit einem neuen Bauchwandbruch, die älter als 50 Jahre sind und noch keine Dickdarmspiegelung (Koloskopie) erfolgt ist, sollte diese Untersuchung vor einer Operation als Vorsorgeuntersuchung unbedingt durchgeführt werden, um einen Darmtumor auszuschließen.
WICHTIG: Die Vorsorgekoloskopie wird bei Männern ab 50 Jahren und bei Frauen 55 Jahren empfohlen und die Kosten von den gesetzlichen und privaten Krankenkassen komplett übernommen.
Oft haben die Patienten keine Beschwerden, sind also symptomlos. Neben dem Zufallsbefund bei einer urologischen oder hausärztlichen Untersuchung fällt den Pateint:innen eine schmerzlose Vorwölbung bei Belastung oder im Stehen auf. Vielen ist gar nicht bewusst, dass eine Hernie vorliegt.
Neben dem ästhetischen Problem kommt es häufiger zu eher ziehenden Beschwerden im Leistenbereich, die bei Bewegung oder sportlichen Aktivitäten verstärkt werden. Dabei drückt der sich vorwölbende Bruchsack in den Leistenkanal und auf sehr feine Nerven, die beim Mann in den Hoden und bei Frauen in die Schamlippen ausstrahlt. Dies verursacht die Beschwerden.
Wenn ein Leistenbruch größer wird, kann dieser Bruch sich beim Mann weit in den Hodensack ausdehnen, was Skrotalhernie genannt wird. Hierbei kann der Bruch fest mit dem Hodensack verwachsen, so dass sich die Hernie im Liegen nicht mehr zurückbewegen lässt.
Auch kann bei größeren Brüchen Darm oder Teile der Harnblase in dem Bruchsack vorhanden sein, was zu Verdauungs- bzw. Blasenfunktionsstörungen führen kann.
Die Wahrscheinlichkeit einer Einklemmung beträgt bei einer bestehenden Leistenhernie im Laufe des Lebens 2,7%. Wenn Darm einklemmt ist, handelt es sich immer um einen lebensbedrohlicher Notfall, der innerhalb von 6 Stunden operiert werden muss. Dabei haben die Patient:innen sehr starke Bauchschmerzen mit Übelkeit und Erbrechen.
Die Leistenhernienoperationen werden in 3 klassische Verfahren unterteilt. Wir stellen hier nur die in den Leitlinien empfohlenen Verfahren vor. Insgesamt gibt es sehr viele Varianten der Operationen. Wichtig ist, dass ausgewiesene Hernienchirurg:innen mit mehr als 25 Eingriffen im Jahr, diese Operationen durchführen sollten.
Junge Männer unter 25 Jahren oder Patienten, die trotz eines erhöhten Rezidivrisikos kein Netz wünschen, können nach der Shouldice-Technik operiert werden.
Dabei wird im Leistenbereich ein kleiner Schnitt von 5cm durchgeführt und die Leistenkanalhinterwand mit einer doppelten Naht eines sich nicht auflösenden Fadens verstärkt.
Diese Operation ist bei kleinen Leistenhernien indiziert und kann gut ambulant durchgeführt werden.
OP Details
Prinzipiell kann diese Operation, die Lichtenstein-Technik genannt wird, bei allen Patienten durchgeführt werden.
Besonders geeignet ist dieses Verfahren bei Patienten, die mehrfach im Bauchinnenraum oder an der Prostata operiert wurden, blutverdünnende Medikamente wie Plavix oder Marcumar nehmen oder einen Bruch haben, der in den Hodensack (Skrotum) reicht.
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Hierbei gibt es das TEP und das TAPP Verfahren, bei dem die Netze über die Schlüssellochtechnik in eine Schicht zwischen Bauchfell und Bauchwand gelegt werden. Bei dem TAPP Verfahren wird die Bauchhöhle eröffnet, so dass diese inspiziert werden kann.
Bei beiden OP Verfahren wird über drei kleine Schnitte in Vollnarkose ein 10x15cm großes Kunststoffnetz eingebracht, welches sich nicht auflöst und auch nicht fest gemacht wird, um Nervenverletzungen zu vermeiden.
Die Patienten bleiben zur Überwachung eine Nacht stationär und können sofort normal belasten. Wir bevorzugen dieses Verfahren für unsere Operationen.
OP Details
Bei der Nachbehandlung werden die Wunden in den folgenden 5 Tagen inspiziert. Bei auflösendem Nahtmaterial empfehlen wir einen Pflasterverband bis zu 10 Tagen. Mit Duschpflastern können Sie ab dem ersten Tag nach der OP Duschen. Baden erst ab dem 14 Tag.
Häufig bildet sich im Leistenkanal ein kleiner Bluterguss (Hämatom) und es sammelt sich Wundflüssigkeit (Serom). Bei Männern kann ab dem 2 Tag Wundsekret und Blut in den Hoden wandern, was zu einem Bluterguss im Hodensack und zu einer Druckempfindlichkeit im Hoden führt. Dieses geht in der Regel nach 2-4 Wochen weg.
Selten kann es im Nabelbereich zu einer Blutung und anschließenden Infektion kommen. Dieses äußert sich durch Schmerzen, Schwellung, Überwärmung, Ausfluss, Geruch.
In diesem Fall ist eine sofortige ärztliche Vorstellung erforderlich und kann in der Regel nach einer kleinen Wunderöffnung und Spülung problemlos abheilen.
Es zeigt sich in vielen Studien, dass die Leistenhernie bei der Frau eine ganz andere Dynamik hat als beim Mann. Insgesamt tritt sie seltener auf und führt zu deutlich mehr Problemen, weshalb eine operative Versorgung immer angestrebt werden sollte.
Zu diesem Thema haben wir 2019 in dem sehr renommierten chirurgischen Journal "Annals of Surgery" eine umfangreiche Veröffentlichung durchgeführt. Mehr dazu hier...
Varikosis des Ligamentum rotundum
Hier ist ein Gefäßknoten (Varikosis) in der Leiste einer schwangeren Patientin dargestellt. Sie kam zu uns mit dem V.a. Leistenhernie, da sich eine gut tastbare Schwellung in der Leiste präsentierte, die nicht schmerzhaft war.
Im Unterschied zur Leistenhernie ist diese Vorwölbung im Stehen nicht wegdrückbar. Im Liegen bildet sich die Durchblutungsvermehrung des Mutterbandes (Ligamentum rotundum) aufgrund des bessern Abflusses in den Venen deutlich zurück und ist oft nicht mehr zu tasten.
Die bunten Farben stellen den Blutfuss in der Doppleruntersuchung dar, was innerhalb von einigen Sekunden von jedem Arzt diagnostiziert werden kann. Dieser Befund bildet sich nach der Entbindung und der damit abnehmenden Venenstauung komplett zurück und darf niemals operiert werden.
Die Nuck`sche Zyste ist keine Hernie, sondern eine flüssigkeitsgefüllte Schwellung (Zyste)
Es handelt sich hierbei um eine Flüssigkeitsansamlung in der Leiste (Zyste), die beim Mann einem Wasserbruch (Hydrozele) entspricht.
Die Größe kann variieren und es besteht eine enge Verbindung zum sog. Mutterband, dem Ligamantum teres uteri.
Hier in dem Bild sind die dicht anliegenden Blutgefäße bunt dargestellt und die Nuck`sche Zyste schwarz mit einer angedeuteten Herzchenform.
Bei Beschwerden wie einem permanenten Druckgefühl kann die Zyste wie ein Leistenbruch in offener oder Schlüssellochtechnik operiert werden. Da in der Regel auch eine Begleithernie vorhanden ist, sollte ein Netz operativ eingelegt werden.
Gerne können Sie online einen Termin in unserem Terminkalender DOCTOLIB unter dem Fachgebiet "Viszeralchirurg und Proktologe" bei unseren Ärzt:innen buchen. Wir freuen uns.